Walter Kaufmann (1907-1984)

Geboren am 01. April 1907 in Karlsbad (Karlovy Vary)
Kaufmann studierte Komposition und Musikwissenschaft u.a. in Berlin bei Franz Schreker und Curt Sachs sowie an der Deutschen Universität in Prag bei Paul Nettl und Gustav Becking. Verschiedene Tätigkeiten als Kapellmeister und Korrepetitor, u.a. in Karlsbad und Eger, bei der Ufa in Potsdam-Babelsberg und kurzzeitig als Assistent von Bruno Walter an der Städtischen Oper Berlin-Charlottenburg. 1934 reiste er nach Indien, primär mit der Absicht, indische Musik zu studieren und zu erforschen. Aus dem geplanten Studienaufenthalt wurde ein zwölfjähriges Exil, weil für ihn die Rückkehr nach Europa als Jude nicht ratsam war. Seine damalige Ehefrau war Gertrude Hermann, eine Nichte Franz Kafkas, bei dessen Mutter er in seiner Prager Zeit häufig verkehrte. Neben seiner musikethnologischen Forschung arbeitete er in Indien bei All India Radio und für die Filmindustrie. Außerdem komponierte er dort zahlreiche Kammermusik- und Orchesterwerke. Zusammen mit Mehli Mehta gründete er den Verein Bombay Chamber Music. Sein Wunsch, nach 1945 nach Prag zurückzukehren, ließ sich nicht verwirklichen. Nach einigen Monaten in London wanderte er 1947 nach Kanada aus, wo er zunächst ein Jahr am Halifax Conservatory of Music arbeitete, 1948-1957 leitete er das Winnipeg Symphony Orchestra. Von 1957 bis zu seinem Tod war er als Professor für Musikwissenschaft an der Indiana University in Bloomington tätig. Er starb am 9. September 1984 in Bloomington.

Das umfangreiche Schaffen Kaufmanns (Opern, Symphonien, Streichquartette, Kammer- und Orchestermusik verschiedener Genres, Klavierwerke, Filmmusik) wurde mit Ausnahme weniger Werke nicht gedruckt, obwohl vieles von prominenten Interpreten gespielt wurde, z.B. das erste Klavierkonzert von Edith Kraus.

Ausführliche Informationen: im Lexikon exilierter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit der Universität Hamburg (LexM)
Der Nachlass Kaufmanns befindet sich im Walter Kaufmann Archive der Indiana University
[libraries.indiana.edu/collections].

Porträtiert bei musica reanimata im 78. Gesprächskonzert am 11. Oktober 2007.


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