Gesprächskonzerte "Verfolgung und Wiederentdeckung"
Mit einem Gesprächskonzert zum 100. Geburtstag des jüdischen Komponisten Darius Milhaud (er wurde im besetzten Frankreich von den Deutschen verfolgt) hat der Verein im August 1992 in einer Berliner Kirche die Reihe seiner Gesprächskonzerte begonnen. Erstmalig trafen dabei der holländische Milhaud-Forscher Dr. Wim de Vries (Amsterdam), der Musikwissenschaftler Dr. Dieter Krickeberg (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg) und Dr. Albrecht Dümling zusammen. Ihre Zusammenarbeit ermöglichte die Wiederentdeckung und Rückgabe verschollener, im Krieg von den Nazis beschlagnahmter Milhaud-Manuskripte an die Witwe des Komponisten. Dieses Gesprächskonzert, aus dem dann der Reihentitel "Verfolgung und Wiederentdeckung" hervorging, wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut Français durchgeführt und von RIAS Berlin aufgezeichnet und ausgestrahlt.
Seit September 1993 finden jährlich fünf Konzerte im Musikclub des Konzerthauses Berlin
[www.konzerthaus.de] am Gendarmenmarkt (ehem. Schauspielhaus) statt. Anfangs wurden die Konzerte durch die Sender RIAS Berlin und DS Kultur aufgezeichnet, seit vielen Jahren regelmäßig durch den Deutschlandfunk.
in den ersten Jahren standen die Komponisten Viktor Ullmann, Hans Krása, Pavel Haas und Gideon Klein, die in Theresienstadt inhaftiert waren und in Auschwitz ermordet wurden, zusammen mit Erwin Schulhoff, der nach seiner Deportation aus Prag ebenfalls in einem NS-Lager zu Tode kam, im Zentrum der Aktivitäten des Vereins.
Daneben galt und gilt zunehmend das Interesse den anderen in Konzentrationslagern getöteten Musikerinnen und Musikern und all jenen Musikschaffenden, die im Exil oder im Untergrund zwar ihr Leben retten konnten, aber ihre künstlerische Heimat verloren. Exemplarisch für sie mag Berthold Goldschmidt (1903-1996) stehen, der nach seiner Emigration nach England nicht mehr an die Erfolge anknüpfen konnte, die er bis 1933 in Deutschland erzielt hatte. Enttäuscht über das Desinteresse an seinen Werken gab er 1958 das Komponieren auf und begann damit erst 1982 wieder, inspiriert durch engagierte junge Instrumentalist*innen.
In den 30 Jahren seines Bestehens hat der Förderverein musica reanimata mehr als 140 Gesprächskonzerte veranstaltet, in denen in der Regel ein Komponist oder eine Komponistin mit ausgewählten Werken vorgestellt wird. Die nicht selten erstmalige (Wieder-)Aufführung der Musik steht dabei im Kontext der Biographie vor und unter dem Nationalsozialismus bzw. im Exil. Soweit möglich nehmen daran Zeitzeug*innen teil: Überlebende der Konzentrationslager, Freund*innen und Verwandte der Porträtierten. Einige der verfolgten Künstlerinnen und Künstler, die in jungen Jahren vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen mussten, konnten nach Berlin eingeladen werden und selbst von ihrem Schicksal erzählen, z.B. Hans-Joachim Koellreutter, Ursula Mamlok, Alfred Goodman, Tzvi Avni, George Dreyfus, Samuel Adler und Joseph Horovitz.
Künftige Konzerte: [Vorschau »]
Katalog der bisherigen Veranstaltungen: [Rückblick »]
Die Kooperationspartner von musica reanimata bei den Gesprächskonzerten sind das Konzerthaus Berlin und der Deutschlandfunk, ferner die Zentral-und Landesbibliothek Berlin (ZLB), die Medienverzeichnisse über die bei uns porträtierten Komponistinnen und Komponisten anlegt: [Kooperation »]